Der italienische Begriff tedesco heißt übersetzt deutsch. Insofern passt es schon, dass Schalkes neuer Trainer Domenico Tedesco auch in der Kabine der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ein relativ großes Thema war. Die Verpflichtung des Deutsch-Italieners als Nachfolger von Markus Weinziel war am Freitag offiziell verkündet worden.
Schalkes Mittelfeldspieler Leon Goretzka, der beim 7:0-Sieg von Deutschland über San Marino zur Startformation von Bundestrainer Joachim Löw zählte, musste mehrere neugierige Fragen seiner DFB-Teamkollegen beantworten. Somit hat es Tedesco in der Wahrnehmung bereits in einen ganz erlesenen Fußball-Kreis geschafft.
Absage an Bayer Beim Kumpelklub muss der erst 31-Jährige ab Juli noch Überzeugungsarbeit liefern, um die Skepsis, die bei einigen Fans besteht, in eine positive Stimmung zu verwandeln. Tedesco, der bei seiner ersten Station im Profi-Bereich den Zweitlisten Erzgebirge Aue vor dem Absturz in die Drittklassigkeit bewahrte und nur elf Spiele benötigte, um sich in den Fokus von Erstligisten zu katapultieren (er war Top-Kandidat bei Bayer Leverkusen, sagte aber wegen Schalke ab), muss bei den Königsblauen mit hohen Ansprüchen leben.
Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies hat im Interview mit dieser Zeitung deutlich gemacht, dass Schalke nach der Mittelmaß-Saison (Platz zehn) wieder oben angreifen und die Champions-League-Plätze ins Visier nehmen will. Domenico Tedesco kennt also seinen Auftrag.
Über Monate gescoutet Dass er durchaus ein klares Konzept und genaue Vorstellungen hat, beweist die Tatsache, dass er bei einer seiner ersten Amtshandlungen für den ambitionierten Bundesligisten gleich ein Veto einlegte. Nach Informationen dieser Zeitung war Sportvorstand Christian Heidel mit einem Innenverteidiger bereits handlungseinig, aber der Transfer scheiterte am Nein von Tedesco.
Heidel griff zum Hörer und sagte dem Spieler ab. Tedescos Vorgänger Markus Weinzierl hatte für diesen möglichen Zugang vor wenigen Tagen bereits Grünes Licht gegeben. Der Kandidat war über Monate gescoutet und für gut befunden worden. Doch Domenico Tedesco, der unter anderem kompromisslose Typen wie den zuletzt von Dortmund an Köln ausgeliehenen Neven Subotic schätzt, hat andere Vorstellungen. Ein Thema für Schalke ist Subotic allerdings nicht – Tedesco weiß natürlich, wie schwierig das wäre.
Der Trainer heuerte im März bei Erzgebirge Aue an, brachte keinen Assistenten mit und schaffte es, optimal mit dem vorhandenen Trainer-Team zu harmonieren. Christian Heidel, der sich Aues letztes Saisonspiel in Düsseldorf (0:1) angesehen hatte, soll genau diese Chemie auf der Trainerbank zusätzlich beeindruckt haben.
Co-Trainer: Trennung denkbar
Domenico Tedesco wird bei den Königsblauen wohl kaum das komplette Assistenten-Team, das in der vergangenen Spielzeit in der Verantwortung stand, übernehmen. Weinzierl hatte aus Augsburg seine engen Vertrauten Tobias Zellner, Wolfgang Beller und Thomas Barth mitgebracht. Das Quartett kennt sich seit gemeinsamer Zeit in Regensburg.
Hier sieht es nach Trennung aus, zumal Tedesco offenbar in Erwägung zieht, Fitnesstrainer Werner Schoupa (52) aus Aue in den Ruhrpott zu lotsen. Aues Präsident Helge Leonhardt wird, falls die Personalie konkret wird, erneut sein Okay geben müssen. Das tat Leonhardt am Freitagnachmittag, als Schalke erstmals offiziell wegen Tedesco in Aue anfragte. Unmittelbar danach kam es zur Vertragsauflösung mit dem Trainer. Leonhardt: „Durch die Freistellung von Herrn Weinzierl entwickelte die Angelegenheit eine nicht vorhersehbare Dynamik.“